(= Historische Bibliothek). Stuttgart: Theiss Verlag 2010. ISBN 978-3-8062-2080-3; 256 S.; EUR
29,90.
Rezensiert am 14.06.2010 für H-Soz-u-Kult von:
Peter Kritzinger, Institut für Altertumswissenschaften, Friedrich-Schiller-Universität Jena; E-Mail: peter.kritzinger@uni-jena.de
Erklärtes Ziel der Autorin Brigitte Cech ist es, mit dem zu besprechenden Werk einzelne
Aspekte zum Thema "Technik in der Antike" in den Grundzügen vorzustellen (S. 9). Im ersten von
zwölf Kapiteln bespricht sie in aller Kürze die wichtigsten Quellen und Quellengattungen (S.
11-17). Im zweiten Kapitel erörtert Cech die bedeutendsten Energiequellen und zentrale
theoretische Erkenntnisse, die in der Antike zum Einsatz kamen (S. 18-23). Das dritte Kapitel ist
den unterschiedlichen Messtechniken für Zeit, Entfernungen und Winkeln gewidmet (S. 24-34). Im
folgenden Kapitel verdeutlicht Cech anhand einiger Beispiele (Ariccia, Nemisee und Fucinersee)
die Arbeitsweisen beim Tunnelbau (S. 35-44). Das fünfte Kapitel zur Bautechnik stellt, wie
bereits am Umfang zu erkennen ist (S. 45-79), einen Schwerpunkt der Abhandlung dar: Ausgehend von
den verwendeten Materialien bespricht Cech unter anderem Mauertechniken, Kuppel- und
Bogenbautechniken, Überdachungsformen und Hebewerke. Der Strassen- und Brückenbau wird von der
Autorin im sechsten Kapitel thematisiert und wiederum durch anschauliche Beispiele konkretisiert
(S. 80-93). Es folgt ein Kapitel zur Wassertechnik - augenscheinlich ein weiteres, zentrales
Anliegen der Autorin (S. 94-145). Anhand von bezeichnenden Beispielen werden sowohl antike
Staudämme, Wasserräder, Hebesysteme und Leitungsbauten beschrieben als auch die umstrittene
"Bleivergiftung der Römer" durch die zumeist in Blei ausgeführten Wasserleitungen thematisiert.
Es folgen Kapitel zur Agrartechnik sowie zur Schiffsbau- und Manövriertechnik (S. 145-154 u.
155-178). Die verschiedene Techniken des Bergbaus und der Verhüttung sind
Darstellungsgegenstände der Kapitel zehn und elf (S. 179-190 u. 191-203). Im letzten Kapitel,
das thematisch einigermassen aus dem bisherigen Rahmen fällt, beschäftigt sich Cech mit den
wichtigsten Formen von Wurfgeschützen (S. 204-214).
Das Buch wird durch einen Anhang (S. 216-238), ein Verzeichnis antiker Autoren (S. 239-241), eine
kurze, nach Kapiteln gegliederte Literaturliste (S. 242-250), ein Register (S. 251-255) und ein
Abbildungsnachweis (S. 256) beschlossen. Der erste Abschnitt des sechsteiligen Anhangs bietet in
tabellarischer Form die wichtigsten antiken Mass- und Münzeinheiten. Der zweite erklärt in
recht überschaubarer Weise den römischen Abakus. Im dritten werden die Konstruktion einer
Sonnenuhr respektive eines Meridians nach Vitruvs Anleitung skizziert. Der vierte Abschnitt
zählt praktische Beispiele für die im zweiten Kapitel aufgelisteten, mathematischen Sätze auf.
Im fünften Abschnitt finden sich in Tabellen wichtige Daten der Aquädukte der Stadt Rom
zusammengestellt. Der letzte Teil des Anhangs bietet eine geraffte Geschichte des Bergbaus in
Laurion.
Das vorliegende Buch zeichnet sich gleich in mehrfacher Hinsicht durch seine Qualität aus:
Bereits bei einer oberflächlichen Betrachtung fallen die ansprechende Ausführung auf
Hochglanzpapier und die vielen, fast durchgängig guten Abbildungen auf.[1] Bei der Lektüre
findet man diese Sorgfalt auch inhaltlich bestätigt.[2] Zudem besticht das Buch durch die
verständliche Darstellung der besprochenen Themen auch in technischer Hinsicht. Mögliche
Kritikpunkte wie etwa die Auswahl der Themen oder die Schwerpunktsetzung lassen sich durch das
Bemühen erklären, eine weitere, möglichst knappe Einführung in die Technik der Antike
vorzulegen, wobei sich der Verlag wohl die grundsätzliche Frage gefallen lassen muss, wie
dringend es eines solchen Werkes bedurfte.[3] Der umfangreiche Stoff wird von Cech jedenfalls
souverän, unprätentiös und gut leserlich präsentiert. Die Darstellungen der einzelnen
Teilgebiete entsprechen fast durchgehend dem aktuellen Kenntnisstand.[4] Begriffe und
Sachverhalte, die unter Umständen Probleme bereiten könnten, werden von Cech auf angenehme
Weise gewissermassen en passant erklärt. Inhaltliche oder argumentative Unstimmigkeiten gibt es
kaum zu monieren.[5] Kurzum: Cech hat ihr Ziel mit diesem Buches durchaus erreicht und eine
sicherlich nützliche Einführung zu ausgewählten Teilbereichen der antiken Technik
vorgelegt.
Diesem positiven Eindruck des qualitätsvollen Textes stehen jedoch in geradezu groteskem
Kontrast die Massgaben des Verlags entgegen, auf Fussnoten zu verzichten. Es ist nicht
einzusehen, warum man in wissenschaftlicher Literatur auf eine Besprechung der
Forschungsdiskussionen in einem kritischen Anmerkungsapparat verzichten sollte. Obwohl es nicht
zu den eigentlichen Aufgaben einer Rezension gehört, scheint es (nicht nur) an dieser Stelle
notwendig zu sein, einige Vorzüge der Fussnoten in Erinnerung zu rufen: Der Fliesstext muss
nicht durch Einschübe unterbrochen werden, so dass man uneingeschränkt von stilistischen
Vorzügen sprechen kann. Durch allgemein akzeptierte Abkürzungen ist es zudem im
Anmerkungsbereich möglich, raumsparend Forschungs- bzw. Quellendiskussionen zu präsentieren.
Dem Autor wird es so zudem ermöglicht, seine Aussagen transparent darzulegen. Dem Leser wiederum
kann gezielt weiterführende Literatur angeboten werden, was für den interessierten Laien ein
Service und für den Fachmann eine Notwendigkeit darstellt.
Durch diese wohl rein kommerziell motivierte Vorgabe beschneidet der Verlag nicht nur die
Bedeutung des Buches für die Leserschaft, sondern eben auch die Möglichkeiten der Autorin und
damit schlussendlich die Qualität des Buches insgesamt. Es bleibt zu hoffen, dass die Verlage
von der angeblichen Leserfreundlichkeit des fussnotenbefreiten Textes abkommen und die
Entscheidungsmöglichkeit beim Leser belassen, wie exakt er der Argumentation des Autors folgen
möchte. Dies gilt freilich besonders für alle jene Verlage, die sich - zumal dem Namen nach -
der Wissenschaftlichkeit verschrieben haben.
Anmerkungen:
[1] Eine Ausnahme stellt dabei S. 68, Abb. 36 dar, die in jeder Hinsicht der Qualität des
restlichen Buches nicht entspricht (teilweise über- bzw. unterbelichtet und sogar unscharf).
[2] Nur wenige formale Fehler sind dem Rezensenten aufgefallen. Die folgenden Fehler sollen und
vermögen diesen Sachverhalt in keiner Weise zu schmälern: S. 45 (erster Absatz): "2/3 Fuss =
19,7 [c]m"; in der Tabelle 1 auf S. 65 wurde vergessen, die Dichte für den Travertin anzugeben;
S. 76, Abb. 41 (Bildbeischrift): "Kran mit Dreilrollenzug [sic]"; S. 78: "Zum Heben schwerere[r]
Lasten"; S. 81 (vorletzter Absatz): "Caius" (sic); auf S. 87, in der Abb. 48 findet sich nicht
die Trajanssäule abgebildet; S. 128 wird der letzte Satz nicht zu Ende geführt; S. 135:
"castellum errichten lassen, dass [sic] [...]"; bei der Datierung des Sarkophagfragmentes (S.
152, Abb. 97) müsste 3. Jh. n.Chr. stehen. Vgl. dazu aber Helmuth Schneider, Landbau und
Handwerk 750 v.Chr. bis 1000 n.Chr., (Propyläen Technikgeschichte Bd. 1), Berlin 1997, S.
222.
[3] So sei auf die hervorragenden deutschsprachigen Werke ähnlichen Charakters von Helmuth
Schneider, Einführung in die antike Technikgeschichte, Darmstadt 1992 und ders., Geschichte der
antiken Technik, München 2007 verwiesen.
[4] Der neuere Fund eines Reliefs mit einer Steinsäge ist Cech (vgl. S. 12 u. 97) wohl
entgangen. Dazu Klaus Grewe/ Klaus Kessener/ Ritti Tullia, A relief of a water-powered stone saw
mill on a sarcophagus at Hierapolis and its implications, in: Journal of Roman Archaeology 20
(2007), S. 139-163.
[5] Wenn Cech von den "vertikal wirkenden Meridiankräften" behauptet, dass diese (S. 63) "im
Bereich des Scheitels am grössten sind", wird sie durch ihre eigene schematische Zeichnung
widerlegt (Abb. 31). Die Aussage, dass Sprietsegel und Lateinersegel besonders wirksam seien,
"wenn der Wind seitlich (halber Wind) oder schräg von vorn (am Wind) kommt" (S. 163), ist so
nicht haltbar, obwohl natürlich der Vorteil aller Schratsegler gegenüber Rahseglern darin
besteht, höher am Wind fahren zu können. Nicht nachvollziehbar bleibt trotz des Verweises auf
Abb. 107 die Behauptung, dass "bei jeder Wendung Rah und Segel um den Mast gedreht werden müssen
und daher auch das Segel jedes Mal neu gerefft werden muss" (S. 166). Das Gegenteil ist richtig:
Mit Rahtakelungen ist es beim Halsen nicht nötig, das Segel überzuholen.
Diese Rezension wurde redaktionell betreut von: Udo Hartmann [hartmannu@geschichte.hu-berlin.de]
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