1843 Hoffmann von Fallersleben: »Das Lied vom deutschen Ausländer«

 

Ein Knabe lernte ein Gebet,

das sprach er täglich, früh und spät,

Er sprach es wo er ging und stand,

zu Gott empor für´s Vaterland:

Kein Österreich, kein Preußen mehr!

Ein einig Deutschland, groß und hehr,

Ein freies Deutschland Gott bescher !

Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.

 

Und als der Knabe ward ein Mann,

Da tät man ihn sofort in Bann,

Man schickt ihn flugs aus Preußen fort,

weil er laut sprach einst das Wort:

Kein Österreich, kein Preußen mehr!

Ein einig Deutschland, groß und hehr,

Ein freies Deutschland Gott bescher!

Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.

 

Wie er aus Preußen war verbannt,

da nahm ihn auf kein Deutsches Land;

Er durfte nicht einmal hinein in Reuß,

Greiz-Schleiz und Lobenstein.

Kein Österreich, kein Preußen mehr!

Ein einig Deutschland, groß und hehr,

Ein freies Deutschland Gott bescher!

Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.

 

Leb wohl, rief er der Heimat zu,

wo man mir gönnt nicht Rast noch Ruh,

wo ich zuletzt kein Fleckchen fand,

zu beten für mein Vaterland:

Kein Österreich, kein Preußen mehr!

Ein einig Deutschland, groß und hehr,

Ein freies Deutschland Gott bescher!

Wie seine Berge fest zu Trutz und Wehr.

 

Und als er auf dem Rigi stand,

jetzt neununddreißig Mal verbannt,

Sang er in Lieb´ und Zorn entbrannt:

Was ist des Deutschen Vaterland ?

Ein Österreich, ein Preußen nur!

Von d e u t s c h e r Freiheit keine Spur!

Und reget sich ein Mäuslein nur,

gleich packt´s die Polizei und die Zensur.

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